Der Glaube an den politischen Fortschritt als Ersatz für echte religiöse Zugehörigkeit
Erinnert man Menschen an den Tod, dann stärkt ihr Glaube an sozialen und moralischen Fortschritt, vor allem wenn diese Menschen nicht sehr religiös sind.1 Daher hat in unserer dekonfizierten Zeit eine wachsende Zahl von Menschen eine echte Religion für einen Glauben an eine progressive Politik ersetzt.
Aber die Geschichte warnt uns. Jahrzehnte nachdem Karl Marx die Religion «das Opiat des Volkes» genannt hat,2 erklärte der sowjetische Premier Wladimir Lenin den Krieg. Obwohl die Mehrheit der Russen des zwanzigsten Jahrhunderts Gläubige waren, führten Lenin und sein Nachfolger Stalin zwei Jahrzehnte anti-religiösen Kampagnen gegen ihre eigenen Leute.
Laut Historikern «verwandelten anti-religiöse Regime wie das kommunistische Russland das Massenverbrechen in ein perfektes Regierungssystem»,3 das zum Tode von über 94 Millionen Menschen weltweit führte.4 Aber weder Stalin, Lenin noch Marx hatten diese politische Verachtung für Religion erfunden. Anti-religiöse Stimmung kam während der industriellen Revolution durch tief-greifende gesellschaftliche Veränderungen zustande.
Die Industrialisierung der Welt entwurzelte Millionen von Menschen aus ihren traditionellen Landlebensstilen und brachte sie in dicht bevölkerte Städte, um in Fabriken zu arbeiten. Die Industriellen versklavten sie mit dem falschen Versprechen eines «besseren Lebens»—die gleiche Lüge, die wir den Einwanderern, die heute in den Westen ankommen, erzählen. Aber das Leben wurde nie besser. Mit Ausnahme von der Bourgeoisie machte die Massenarmut das Leben viel schlimmer.
Das industrielle Alter verwandelte Menschen in mechanische Zahnräder, die eine riesige seelenlose Maschine als Kraftstoff dienen sollten. Indem sie einen ländlichen Glauben an Gott mit einem städtischen Glauben an den Staat ersetzten, krönten sich die Staatsbürokraten nun die Höhenpriester des Fortschritts nennen. Hier lag die Geburt des Kommunismus, die anti-menschliche Ideologie, die schnell ihre ekelhaften Tentakel auf der ganzen Welt verbreiten würde.
Heute ist die kommunistische Indoktrination so erfolgreich geworden, dass die meisten jungen Leute nach dem Abitur behaupten, sie seien lieber „kleine Räder in einer großen Maschine“ als freie Personen. Solche Überzeugungen sind gelernt. Die Technologie hat Menschen von dem, was es einmal bedeutete ein Mensch zu sein, los getrennt, nämlich selber verantwortlich zu sein für die eigene Realität und selber denken zu lernen.
Der deutsche Philosoph Martin Heidegger erkannte diese Gefahr und warnte vor seinen Konsequenzen in einer Rede, die er im Jahre 1955 hielt. Heidegger sah die Macht der Nukleartechnik voraus und warnte sogar vor dem Dritten Weltkrieg. Aber der Mensch, glaubte er, würde den Krieg überwinden. Die wirkliche Gefahr liege nicht im potenziellen nuklearen Holocaust, sondern in dem, was nachher kommen würde:
«Die Bodenständigkeit des heutigen Menschen ist im Innersten bedroht. […] Dies beruht darauf, dass seit einigen Jahrhunderten eine Umwälzung aller maßgebenden Vorstellungen im Gang ist. […] Die Natur wird zu einer einzigen riesenhaften Tankstelle, zur Energiequelle für die moderne Technik und Industrie. […] Und dann? Dann hätte der Mensch sein Eigenstes, dass er nämlich ein nachdenkendes Wesen ist, verleugnet und weggeworfen.»5
Moderne Technik, glaubte Heidegger, versucht Menschen in Taschenrechner, die sich wenig Gedanken über sinnvolle Aktivität machen, umzuwandeln. Seitdem haben Radio, Fernsehen und Internet die menschliche Erfahrung standardisiert. Wir schauen uns alle die gleichen Shows an, sehen die gleichen Filme, hören die gleiche kommerzialisierte Musik und teilen die gleichen Nachrichten.
Diese Standardisierung hat es Globalisten viel einfacher gemacht, die Menschheit zu domestizieren. Durch die Ausrottung religiöser, ethnischer, nationaler und biologischer Unterschiede hat die progressive Politik die Menschen zu einer stumpfen grauen Masse umgeformt, die nur für den Massenkonsum geeignet ist. Wenn Facebooks Zuckerberg eine Zukunft fördert, in der Menschen sich nach ihrem Tod ihre Geister in das Internet hochladen, wissen wir, dass unsere progressive Entmenschlichung der Vollendung nahesteht.
Globalisten glauben, dass alle Nationalstaaten eines Tages durch eine einzige, globale, offene Gesellschaft ersetzt werden sollten. Aber wie kann eine globale Gesellschaft „offen“ sein, wenn alle Menschen in sie hineingeboren werden und niemand jemals davon entkommen kann? Was ist mit der Freiheit, anders zu sein? Die offene Gesellschaft ist ein totalitärer Staat, genaue wie die einstige DDR, die Sowjetunion, die islamische Ummah oder Star Treks The Borg.
Das hat nichts mit Fortschritt zu tun. Das ist kollektive Sklaverei. Wenn wir uns befreien wollen, müssen wir die Maschine zerstören und ihre Ingenieure für sie verantwortlich machen.
1Bastiaan T. Rutjens u. a., „A March to a Better World? Religiosity and the Existential Function of Belief in Social-Moral Progress“, The International Journal for the Psychology of Religion 26, Nr. 1 (2. Januar 2016): 1, doi:10.1080/10508619.2014.990345.
2Karl Marx, „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, in Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke, Band 1 (Berlin: Dietz Verlag, 1976), 378.
3Stéphane Courtois, The Black Book of Communism: Crimes, Terror, Repression (Harvard University Press, 1999), 2.
4Ebd., 4.
5Martin Heidegger, „Gelassenheit“, in Reden und andere Zeugnisse eines Lebenswegens, Bd. 16, Gesamtausgabe (Frankfurt am Main: Klostermann, 2000), 517–29.
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